Reise durch den Norden Indiens

vom 20. Februar bis 22. März 1999


20.02. Schönefeld => Bukarest     
21.02. Bukarest => Delhi 08.03. Bharatpur => Rhantambore
22.02. Neu Delhi 09.03. Rhantambore => Agra
23.02. Neu Delhi 10.03. Agra
23.02. Delhi => Hisar 11.03. Agra => Orcha
24.02. Hisar 12.03. Orcha => Khajuraho
25.02. Hisar 13.03 Khajuraho
26.02. Hisar => Jaipur 14.03. Khajuraho
27.02. Jaipur 15.03. Khajuraho => Satna => Varanasi
28.02. Jaipur => Ajmer => Pushkar 16.03. Varanasi
01.03. Pushkar 17.03. Varanasi
02.03. Jaisalmer 18.03. Varanasi => Amritsar
04.03. Jaisalmer => Ajmer 19.03. Amritsar
05.03. Pushkar 20.03. Amritsar 
06.03. Bharatpur 21.03.  Amritsar => Delhi => Flughafen
07.03. Bharatpur, Fatepur Sikri 22.03. Schönefeld

 

Anreise 20.02.

Mit der rumänischen Fluggesellschaft Tarom flogen wir von Berlin-Schönefeld via Bukarest nach Delhi. Wir überquerten dabei ein Schlechtwettergebiet im Norden Pakistans. Gegen die Turbulenzen rebellierte mein Magen sehr heftig. Aber meine Übelkeit war danach glücklicherweise bald vorbei. Im Flugzeug waren neben einem Sikh mit kunstvollem Turban auch zwei deutsche Hare-Krishna-Anhänger, die auf einer Pilgerreise nach Indien unterwegs waren. Die beiden jungen Männer waren in weite rosafarbene Gewänder (oder Mädchenpullover) gehüllt und trugen dazu lustigerweise karierte Filzpantoffeln. Einer hatte einen kahlen Kopf und Pferdeschwänzchen. Ihr Anblick auf dem Flughafen stimmte uns auf eine fremde Kultur ein. Sie aßen Landliebe-Joghurt und Müsli statt der üblichen Flugzeugverpflegung.
 
 

Delhi 21.02.-24.02.

Am Vormittag erreichten wir Delhi. Mit dem Stadtbus fuhren wir dann etwa 1h ins Zentrum der 12 Mio.-Stadt, nachdem wir die Taxifahrer, die uns zu überhöhten Preisen transportieren wollten, abwimmeln konnten. Bereits auf der Fahrt sahen wir für uns Europäer ungewöhnliche Dinge: hunderte Menschen auf der Straße, Slums, wo Menschen unter Zeltplanen hausten, von Fahrzeugen verstopfte lärmende Straßen. Ausgestiegen am Bahnhof Neu-Delhi, hatten wir ein paar Probleme uns einzunorden. Umringt von ein paar hartneckigen Motorrikschafahrern, konnten wir aber auch nicht in Ruhe überlegen. So ließen wir uns in die Basarstraße (Main Bazar) bringen, wo wir ein Hotel gebucht hatten. Durch unseren Reiseführer auf diese Situation vorbereitet, erlebten wir, wie der Rikschafahrer versuchte, uns in andere Hotels zu bringen, wo er eine Provision erhalten würde. Erst als wir mehrmals androhten auszusteigen, um zu Fuß weiter zu gehen, ohne zu bezahlen, wurden wir zumindest in die Nähe des Hotels Namaskar gebracht (Doppelzimmer mit WC ohne Fenster - 200Rs (1DM = 23Rs)).

Hier ruhten wir uns einige Stunden aus, bevor wir uns am Nachmittag Wasser kauften und uns in die brodelnde Basarstraße wagten. Wir mußten uns den Weg durch Menschengedränge, vorbei an Autorikschas, Fahrradrikschas und manchmal auch an den heiligen Kühen, die im Müll nach Nahrung suchten, bahnen. Die Lärmbelästigung war durch das ständige Hupen sehr groß. Zusätzlich versuchten unzählige Händler ihre Waren an den Touristen zu bringen. Ich hatte manchmal das Gefühl, die Füße einziehen zu müssen, damit mir kein Moped oder Fahrrad darüber fährt. Die Straßen waren voll von Müll, die Luft war staubig, der Lärm ohrenbetäubend. Außer den vielen Menschen sahen wir unzählige streunende räudige Hunde und abgemagerte Rinder durch die Straßen ziehen. Das war für den ersten Tag schon sehr stressig.

Um uns besser orientieren zu können, sahen wir uns auch den Bahnhof an. Der war, wie sollte es in Indien auch anders sein, menschenüberfüllt, laut und dreckig. Das erstaunliche war, daß man immer wieder Inder sah, die in eine Decke eingehüllt an solchen Plätzen schliefen. Auch auf Verkehrsinseln, um die der Verkehr tobte, und Fußgängerüberführungen waren solche merkwürdigen Schlafplätze. Nach dem Abendessen (Reis und Hühnchen) in einer Gaststätte, in der wir bald Stammgäste wurden, ging es zurück in die Unterkunft. Mit unserem traditionellen Gute-Nacht-Spiel (Räuberrommee) beendeten wir unseren ersten Tag in Indien.

Am nächsten Tag hatten wir uns vorgenommen an einer Stadtrundfahrt teilzunehmen, da Delhi sehr weiträumig ist. Früh liefen wir zum Connagah-Place. Es war nicht einfach, sich zu Fuß fortzubewegen, da immer wieder Rikschafahrer darauf hofften, daß wir unsere Meinung geändert hätten. Wir buchten die Stadtrundfahrt im Ashok-Hotel, hatten aber noch bis zum Nachmittag Zeit. Nach einem Frühstück im 'Don't to be missed' oder so (Pancakes mit Honig) liefen wir in Neu-Delhi bis zum Nationalmuseum. Wir hatten aber nicht bedacht, daß Museen am Montag geschlossen sind. Erschöpft von dem Marsch auf den breiten langgestreckten Straßen ruhten wir uns auf einem Grünstreifen direkt an der Magistrale zwischen India Gate (Rajpath) und Präsidentenpalast aus. Wir beobachteten Menschen, die in den Kanälen sich und ihre Wäsche wuschen, oder mit frechen Affen spielten.

Unsere Stadtrundfahrt begann am Roten Fort. Dieses gewaltige, aber schon etwas verschlissen wirkende Bauwerk aus rotem Sandstein, mit einer Länge von 2 km wurde 1638 unter Shah Jahan erbaut. Der Shah hatte seinen Sitz in Agra. Deshalb nannte man die Neugründung, das 7. Delhi, Shahjahanabad, welches der Ausdehnung des heutigen Alt-Delhi entspricht. In den äußerst engen verwinkelten Gassen wimmelte es von Menschen. Es gab keine Bäume. Das Rote Fort wurde aber erst unter Aurangzeb, dem Sohn Jahans, genutzt. Man betrat die Festung durch das gewaltige Lahore-Tor und wandelte dann durch einen überdachten Basar. Hier mußten wir viele Händler abwimmeln, ehe wir die Eintrittskasse erreicht hatten. Im Inneren befanden sich die Hallen der öffentlichen und der privaten Audienzen, ein Palast für die Haremsdamen und eine Moschee. Von allen Gebäuden waren nur die äußeren Mauern erhalten geblieben. An den berühmten Pfauenthron erinnerte nur noch der Marmorsockel, auf welchem er gestanden hatte. Er bestand aus massivem Gold und soll mit zahlreichen Edelsteinen verziert gewesen sein. Er wurde aber im 18. Jh. als Beutestück in den Iran verschleppt.

Mit dem Reisebus fuhren wir dann vorbei an den Ruinen von Delhi Nr. 5 (Ferozshah Kotla), der Jama-Masjid-Moschee und dem Shanti Vana (Friedenswald in Gedenken an Nehru) zu einer großen gepflegten Parkanlage. Dort befand sich das Raj Ghat, ein Memorial für Mahatma Ghandi. Viele Inder brachten Blumen zu dem schwarzen Marmorblock, der an der Verbrennungsstätte Ghandis errichtet wurde. Natürlich schossen sie danach die obligaten Erinnerungsfotos.

Der zweite Teil der Stadtrundfahrt begann am nächsten Morgen. Im Bus gab es den Reiseleiter, den Fahrer und einen Jungen, der Tickets kontrollierte und während der Fahrt durch das Heraushalten seines Armes aus dem Fenster die Fahrtrichtungsänderung anzeigte. Wir besichtigten das Jantar Mantar. Das lachsfarbenes Observatorium wurde im Jahre 1725 durch den Herrscher von Jaipur errichtet. Die haushohe Sonnenuhr zeigte eine sehr genaue Ortszeit. Es gab viele interessante geometrische Gebäude, deren wahre Funktion für uns ein Geheimnis blieb.

Nach dem Besuch einer Rama-Krishna-Ausstellung begegneten wir im neuen hellen Laxshmi-Narain-Tempel das erste Mal der Swastika, die uns an die Symbolik der Nationalsozialisten erinnerte. Das Zeichen wurde von den Ariern aus Zentralasien mitgebracht und besitzt die Bedeutung von male und female.. Im Hinduismus ist es ein religiöses Zeichen, welches wir in vielen Tempeln wieder fanden. Lakshmi ist die Göttin des Wohlstandes und des Glückes und deshalb bei den Indern sehr beliebt.

Unsere nächste Station war Humayuns Tomb. Dieses Grabmal wurde für den 2. Moguln errichtet. Es besteht aus weißem und rotem Sandstein und wird architektonisch als Vorläufer des Taj Mahals angesehen. Die Architektur des weißen Lotustempels-Bahai-erinnerte ganz stark an das Sydney Opera House. Es ist ein Bahai-Tempel und offen für alle Glaubensrichtungen. Es gibt sieben solcher Tempel in der Welt, einer davon befindet sich in Frankfurt.

Letzte Station war der große historische Komplex Qutab Minar. Es sind die Reste der ersten Moschee in Indien von 1193. Der 73m hohe Turm beherrscht das Bild. Beeindruckend sind die vielfältigen Säulen, die allerdings eine eher traurige Geschichte haben. Die islamischen Eroberer hatten einen ausgeprägten Zerstörungstrieb, dem unzählige hinduistische Tempel zum Opfer fielen. Die Säulen aus den zerstörten Tempeln wurden beim Bau der Moschee verarbeitet. Berühmt ist die eiserne Säule im Innenhof. Die Wissenschaftler haben keine Erklärung dafür, daß sie seit 2000 Jahren nicht rostet.

Nach dem Mittagessen haben wir uns in der Altstadt mitten in der rush hour auf der Suche nach der Zentralen Bushaltestelle verlaufen. Der Lärm, die Abgase und die vielen Menschen ließen den Streßpegel steigen. Wir kämpften uns dann weiter durch den Stau bis zur Jama Masjid, der größten Moschee von Indien. Es ist ein wunderbares Bauwerk und die Ruhe im Innenhof war sehr erholsam. Auf dem Rückweg wollte ich dann doch eine Fahrradrikscha nutzen, da ich keine Nerven mehr hatte, mich zu Fuß durch die Stadt zu kämpfen. Ich hielt mich krampfhaft auf der Sitzbank fest und hoffte, angesichts der Fahrmanöver durch Fahrzeugkolonnen, bald am Ziel zu sein.
 
 

Hisar 24.02.-26.02.

Mit einer Autorikscha erreichten wir früh die zentrale Bushaltestelle ISBT und suchten einen Bus nach Hisar. Am entsprechenden Busterminal schrien mehrere Menschen lauthals die Fahrtrichtung ihrer Busse aus, wobei mehrere nach Hisar gingen. Wir entschieden uns für einen Bus, dessen Schaffner mit einer Fahrkartenumhängetasche offiziell aussah. Die Fahrt dauerte etwa 5h. Da der Bus unterwegs sehr voll wurde, mußten wir auf den Sitzen sehr eng zusammenrutschen und unsere Beine wurden zwischen unseren Rucksäcken zusammengequetscht. Da Hisar ein absolut untouristischer Ort war, wurden wir im Bus als wahre Exoten angestarrt. Unterwegs bei den verschiedenen Halts stiegen Händler zu, die ihre Ware im Bus anboten. Wir wunderten uns sehr über ein lautes Poltern. Es stellte sich heraus, daß mehrere Leute das Busdach erkletterten, um dort an der Fahrt teilzunehmen. An einer Kontrollstation mußten alle aber wieder runter, wahrscheinlich besaßen sie keine Fahrkarten. In Hisar angekommen bildete sich gleich ein Kreis um uns Außerirdische. Keiner sprach uns an. Ein Mann, der Englisch sprach vermittelte uns noch eine Rikschafahrt zum Institut. In touristischen Orten war es dagegen nie ein Problem, sich Englisch zu verständigen. Im Institut trafen wir durch Zufall Dr. Mehar Khatkar, der sich nett um uns kümmerte, nachdem sich herausstellte, daß der Wissenschaftler, dessen Adresse Uwe aus dem Internet hatte, an diesen Tagen nicht am Institut weilte. Wir kamen im Guest House unter, wo auch gekocht wurde (Reis, Chapati, Gemüse-Mischung, Joghurt, ...). Uwe sah sich im landwirtschaftlichen Institut um und diskutierte mit verschiedenen Leuten. Ich nutzte die Zeit, um mich von der hektischen Stadt Delhi und der Busfahrt zu erholen. Das angenehm ruhige Guesthouse lag im Institutsgelände umgeben von Wiesen. Abends lud Mehar uns in seine Wohnung ein. Wir lernten dort seine Frau, die an diesem Tag ihr PhD eingereicht hatte, und seine beiden Kinder, ein Sohn von drei Jahren und eine Tochter von sechs Monaten, kennen. Wir hatten interessante Gespräche. Man fragte uns auch sehr bald, ob wir verheiratet wären. Unsere Gastgeber zeigten uns ihre Hochzeitsbilder, auf denen sie traditionelle Gewänder trugen, genauso wie im Reiseführer. Die Hochzeit wurde durch die Eltern arrangiert, und die beiden hatten sich vor ihrer Eheschließung nur eine Stunde gesehen. Wir waren darüber doch sehr erstaunt, weil wir angenommen hatten, daß solche Verheiratungen bei gebildeten Leuten nicht mehr eine solche Bedeutung hätten. Das war ein Irrtum. Später hatten wir oft, um Fragen aus dem Weg zu gehen und auch zu meinem Schutz, behauptet, daß wir verheiratet wären.

Am nächsten Tag durften wir eine Gruppe Wissenschaftler begleiten, die in einem Dorf die Bevölkerung bei der Büffelzucht und anderen Dingen unterstützte. Hier wurden wie auch in den Institutsanlagen (dort 300 Tiere) Buffalos (Wasserbüffel) gezüchtet, die im Gegensatz zu den Heiligen Rindern auch geschlachtet werden. So hatten wir die Gelegenheit ein indisches Dorf kennenzulernen. Es war ein flächenmäßig kleines Dorf, wir waren sehr erstaunt zu erfahren, daß es ein Einwohnerzahl von 6000-7000 Leuten haben sollte. Die Menschen mußten also auf sehr engem Raum zusammenleben, denn der Ort hatte wirklich dörflichen Charakter. Die Ziegelhäuser wurden mit einer Sand-Lehmschicht verputzt, was ihnen ein sehr sauberes freundliches Aussehen gab. In jedem Hof standen 2-3 Buffalos. An den Mauern wurden die Kuhfladen getrocknet und dann auf große Stapel geschlichtet. Sie dienten als Brennmaterial. Natürlich waren wir die absolute Attraktion des Tages und wurden besonders von den Kindern auf allen Wegen voll Neugier begleitet. Hier wurden wir aber nur bestaunt und nicht wie in den Touristenstädten angebettelt. Wir wurden in das Haus eines Sikhs eingeladen, wo wir eine Tasse Tee tranken. Dieser Sikh hatte seine militärische Vergangenheit stolz mit Fotos an der Wand belegt, wie es sich für einen Sikh gehört. Eine alte Frau segnete uns, indem sie beide Hände auf unsere Köpfe legte. Sie erkundigte sich auch, ob wir zwei Mädchen wären, da Uwe mit seinen langen blonden Haaren in Indien schon etwas außergewöhnliches war. Als wir wieder abfuhren, hatten sich eine große Menge um den Bus versammelt.

Auf dem Rückweg zum Institut nahmen wir noch an einer Gebetszeremonie in einem Tempel teil. Dieser Tempel war Hanuman, dem Affengott geweiht. Häufig waren auch Darstellungen von Rama und Sita zu sehen, die als ideale indische Familie verehrt werden. Während des Gebetes wurde dauernd eine Glocke über dem Eingang geschlagen. Zu diesem ziemlich lauten Hintergrundgeräusch blies ein Priester in eine Muschel, was einen sehr tiefen vollen Ton erzeugte und dem Raum eine mystische Atmosphäre verlieh. Alle Gänge wurden im Uhrzeigersinn abgewandert und am Ausgang verteilte der Priester süß schmeckendes Kokosmehl.

Zurück im Guesthouse sahen wir eine Herde Pfauen. Beim Versuch sie zu fotografieren trat Uwe in einen Graben, der leider mit den Abflüssen aus den Ställen gefüllt war. Er fiel buchstäblich in die Scheiße. Glücklicherweise war aber alles erstaunlich geruchsneutral. Wir waren dann aber erst einmal eine Weile mit Waschen beschäftigt. Beim gemütlichen abendlichen Milchtee bei Khatkarh's bekamen wir als Abschiedsgeschenk ein schönes aber schweres Metalldromedar geschenkt, welches die nächsten Wochen unser Gepäck zusätzlich beschwerte. Dromedare sind typische Nutztiere in Rajasthan.
 
 

Jaipur - die rosarote Stadt 26.02.-28.02.

Mit einer Autorikscha, die tatsächlich neben uns und unseren beiden Kraxen noch vier weitere Personen beförderte (gut, daß die Inder sehr schlank sind), fuhren wir zum Busbahnhof Hisar. Ehe wir den Bus nach Jaipur fanden, wurden wir von einem Schalter zum anderen geschoben. Dabei verfolgte uns eine staunende Menschentraube, die uns nicht aus den Augen ließ. Ein Bekannter von Mehar hatte uns gesagt, daß die Busfahrt etwa 5h dauern würde - eine lange Zeit für eine unbequeme Busfahrt. Aber wir hatten ja schon 3h geübt und hielten diese Steigerung noch für akzeptabel. Wir ahnten nicht, was auf uns zukommen würde. Der Bus, eine klapprige Schrottkiste, bewegte sich nur sehr langsam über die schlechten Fahrwege einer sehr dörflichen Landschaft. Diese Gegend wurde erst in den letzten 30 Jahren erschlossen. Vorher war es Wüste. Es wurde sehr warm und die Zugluft durch die offenen Fenster brachte den aufgewirbelten Staub ins Innere des Busses. Das verursachte ein sehr unangenehmes trockenes rauhes Gefühl im gesamten Halsbereich. Bei der Fahrt über die feldwegartige Schlaglochpiste mußten wir uns oft am Sitz festhalten. Aber wir waren glücklich, daß wir überhaupt einen Sitz hatten, denn natürlich war auch dieser Bus sehr voll. Unsere Beine hatten wir wieder zwischen die Kraxen geklemmt und hofften auf das baldige Ende der Fahrt. Leider war den Ortschaften nicht anzusehen, welchen Namen sie hatten und es fand sich auch kein Inder, der uns eine verläßliche Auskunft geben konnte. Einmal konnten wir einen Namen aufschnappen. Das war nach 4h Fahrt. Dieser Ort befand sich aber leider erst auf der Hälfte der Strecke. Aber vielleicht würden ja jetzt bessere Straßen kommen, auf denen ein Bus viel schneller fahren konnte, so hofften wir. Das kratzige Gefühl im Hals führte zu dem Drang, viel zu trinken. Aber was man oben einfüllt, kommt zumindest auch zum Teil unten wieder raus. Der Bus hielt aber immer nur auf zentralen Marktplätzen mit sehr vielen Menschen und ohne Toiletten. So hätte ich ein Problem gehabt, da man ständig von vielen Menschen angestarrt wurde. So ertrug ich den schrecklichen Durst und hielt erstaunlicherweise insgesamt 10h!! durch. Die Busqualen wurden noch durch sehr laut angedrehte Hindi-Popmusik, die direkt vom Lautsprecher über unseren Köpfen in unsere Ohren dröhnte, massiv potenziert. Doch wir überlebten und erreichten am Abend unsere Unterkunft in Jaipur.

Am nächsten Tag beteiligten wir uns an einer Stadtrundfahrt. Der Führer hatte Zahnlücken und eine englische Aussprache, die nicht einmal Uwe verstand. Seine Stimme klang so schnarrend, wie man es sich bei einem Sprachcomputer vorstellen könnte. Wir hatten also nicht viel verstanden, aber sehr viel gesehen. Wir besuchten einen neuen (20 Jahre) Lakshmi-Narayan-Tempel mit einer sehr gepflegten Grünanlage. Im Inneren befand sich eine altarähnliche Konstruktion, die im Uhrzeigersinn von den Pilgern umrundet wurde, die die Bilder berührten.

Die Altstadt, die eigentliche rosarote Stadt, ist von Mauern umgeben. Hier gab es unzählige Basarstraßen. Der Maharadscha Jai Singh gründete die Stadt Anfang des 18. Jh. Er war Krieger und Astronom und so verdankt die Stadt ihm auch den Bau des bedeutenden Jantar Mantar, dem Observatorium. Es erschien uns wie eine Ansammlung riesiger Skulpturen, die eine tiefgründige Bedeutung haben. Der Tag in Jaipur war bereits sehr heiß, so daß die Fahrt im klimatisierten Bus uns angenehm erfrischte. Das bedeutendste Gebäude war der Palast der Winde mit seiner fünfstöckigen reich verzierten Fassade. Die rosafarbenen Sandsteinfenster waren wabenartig durchbrochen und tauchten das Innere in ein magisches warmes Licht. Man hatte von hier einen herrlichen Blick auf das rege Treiben der Straße. Dieser Teil des Gebäudes diente den Hofdamen dazu, am Alltagsleben und an Prozessionen teilzunehmen, ohne von Fremden gesehen zu werden. Im Herzen der Stadt lag der Stadtpalast mit seinen vielen Innenhöfen. Im Museum besichtigten wir Waffen und Altkleider der Maharadschas. Ein Teil des Palastes dient aber auch noch den lebenden Generationen der Maharadschafamilie von Jaipur als Wohnsitz.

Das Amber-Fort, eine Festung auf dem Berg nur elf Kilometer von Jaipur entfernt, war der Sitz der Maharadschas, bevor Jaipur gegründet wurde. In früheren Zeiten, als die Macht der Moguln größer war, wurde der Festungsbau bevorzugt. Die gut erhaltene Anlage besaß einen beeindruckenden Spiegelsaal. Unzählige Spiegelsplitter waren in ein Mosaik an Wänden und an der Decke eingelassen. Sie sollten ein Kerzenlicht tausendfach widerspiegeln, und dem Raum das Aussehen eines Sternenhimmels geben. Im handcraft-shop kauften wir einen Sari. Im Innenhof konnte man geschmückte Elefanten fotografieren. Wir genossen die herrliche Aussicht von der erhöht liegenden Festung.

Im Fort Nahargarh nahmen wir unser Lunch ein. Es war eine sehr großflächige Anlage, aber nur wenige Ruinen waren erhalten. Mit dem Jaigarh Fort, auch hier sind mehr oder weniger nur noch Mauern erhalten, war dann unser Tagesbedarf an Festungen gedeckt. Abends suchten wir ein BBQ-Restaurant auf, da Uwe großen Appetit auf non-veg-dinner hatte. Das Hähnchen war genauso unterernährt wie viele Inder. Am nächsten Tag spazierten wir lange durch die Altstadt und ließen uns durch die Basarstraße treiben. Manchmal bedrängten uns Kindern, die sich in 'one-pen-brigaden' zusammengeschlossen hatten. Überall boten die Händler schon bunte Farben für das bevorstehende Holifest an. Am Nachmittag verließen wir Jaipur mit dem Bus Richtung Ajmer. Ein Katzensprung von 3h!
 
 

Pushkar 28.02.-01.03.

In Ajmer stiegen wir in den Bus nach Pushkar um. Durch bergige Landschaft führte der Weg nach Pushkar. Nach erfolgreicher Suche nach einer Unterkunft spazierten wir durch das abendliche Treiben in den Gassen. Wir empfanden die Atmosphäre als angenehm ruhig. In den Gassen rund um den heiligen See durften keine Rikschas fahren, was entscheidend zu der Ruhe beitrug. Wie es sich für einen heiligen Platz gehörte, sahen wir sehr viele Kühe umherlaufen. Der See, bei Sonnenuntergang in rötliches Licht getaucht, strahlte eine angenehme Ruhe aus. Man könnte herrlich am Ufer entspannen. Nur einige sehr penetrante Priester störten diese Atmosphäre. Sie wollten "Pushkarpässe" verkaufen. Nach einer Zeremonie am See wird man dann zu einer Spende aufgefordert. Das Englisch dieser falschen oder richtigen Priester war aber auch nicht so überwältigend, so daß man auch nicht richtig verstehen würde, wie man zu seinem good karma or good luck kommt. Leider wollten es diese Leute absolut nicht verstehen, wenn man einfach nur den Anblick des Sees genießen wollte. In der Stadt traf man sehr viele indische Pilger. Die Hindus badeten im heiligen See und wuschen sich so von ihren Sünden rein. Überall führten Ghats zum Ufer des Sees hinab. Auf den Stufen saßen auch Menschen bei der Meditation. Auf der Straße tanzten Leute im Kreis zum Klang der Trommel. Beim Abendbrot saßen wir auf einer Terrasse, einem sogenannten Roof-Top-Restaurant, wo es ein leckeres Büfett gab. Wir kosteten verschiedene Gerichte. Daneben stand einer der vielen Tempel, aus dem über Lautsprecher sehr laute Gesänge nach außen drangen. Das passierte auch mitten in der Nacht, wie uns ein Israeli erzählte, der sein Zimmer in der Nähe eines solchen Tempels hatte. Denn Gott mag Musik und er liebt sie sehr laut. Am Tage wurde es in Pushkar sehr heiß, so daß wir unsere Rundgänge am Abend oder am Morgen unternahmen, oder uns im Schatten der 'beliebten' Beschäftigung des Kartenschreibens hingaben.

Beim Schlendern an den Ghats entlang trafen wir wieder ein paar hektische Brahmanen, die uns zu einer Puja zerren wollten. Nachdem wir sagten, daß wir kein Geld hätten, wurden wir sehr unhöflich von den Ghats verwiesen. Wir besichtigten auch den Tempel, der Gott Brahma geweiht war. Dabei schloß sich uns ein hektischer Erklärer an, der ein paar schnelle Rupien machen wollte. Durch langsames Weitergehen und ein paar Pausen hatten wir ihn aber bald zermürbt. Hier beobachteten wir lange die kommenden und gehenden Pilger. Die Frauen dieser Gegend waren in sehr farbenfrohe Saris gehüllt und trugen unzählige Armreifen und Fußkettchen. Auffällig waren in dieser Gegend die Nasenringe, in welche eine Kette gehängt war, die übers Gesicht bis zum Ohr reichte.

Am nächsten Tag war Feiertag (Holi) und man sagte uns, daß an diesem Tag kein Bus nach Jaisalmer fahren würde. Wir bekamen darüber aber gegensätzliche Auskünfte. Da wir keinen ganzen Tag verlieren wollten, beschlossen wir, Pushkar schon am zweiten Abend zu verlassen. Eigentlich waren wir darüber etwas traurig, weil wir die entspannte Atmosphäre an diesem Ort sehr gut gefiel. Wir hatten schon mehrmals an diesem Tag gehört, daß es gefährlich sei, am Holi-Feiertag zu reisen. So richtig wollten wir das den Indern nicht glauben, da sie ja möglicherweise ein Interesse daran hatten, daß wir einen Tag länger in ihrem Guesthouse verweilen würden. Bei einem gespielten Telefongespräch erfuhren sie, daß am Abend kein Bus fahren sollte. Über eine andere Agentur erhielten wir aber problemlos ein Ticket. Beim Abendbrot trafen wir eine Deutsche, die ein sehr erschrecktes Gesicht machte als sie hörte, daß wir an Holi in Jaisalmer ankommen sollten. Sie erzählte, daß sie schon einmal Holi in Indien erlebt hatte und gab auch gleich noch ein paar Horrorgeschichten zum Besten, obwohl wir die gar nicht hören wollten. Die Leute wären an diesem Tag sehr rücksichtslos und die verspitzte Farbe würde 3 Wochen in den Haaren haften und an den Sachen oder der Kraxe überhaupt nicht mehr abgehen. Nun bekamen wir doch ein mulmiges Gefühl und verpackten so viel wie möglich in Plastetüten ;-) Was würde uns am nächsten Tag bei der Ankunft in Jaisalmer erwarten?
 
 

Jaisalmer 02.03.-04.03.

Der Bus fuhr nachts in Pushkar los, zwar mit Verspätung, aber er fuhr. Nach den unterschiedlichsten Auskünften in den Reisebüros war das schließlich nicht ganz sicher. Mit uns stiegen zwei Schwedinnen und Amir, ein Israeli, ein. Wir waren also zu fünft auf dem Weg in die Wüstenstadt. Der Bus hatte rückklappbare Sitze und kam uns wie ein Luxusbus vor. Ca. 2 Uhr nachts erreichten wir Jodpur, wo alle anderen Passagiere ihr Ziel erreicht hatten, nur wir fünf waren übrig. Plötzlich hieß es, der Bus würde nicht weiterfahren, weil Holi ist und die Scheiben könnten mit Steinen beworfen werden. Amir meinte dazu trocken, "ich habe nach 2 Jahren Armee in Israel keine so weite Reise unternommen, um mich dann wie zu Hause zu fühlen". Wir bekamen verschiedene Erklärungen: die Polizei hätte die Weiterfahrt verboten, wir würden auf einen Anschlußbus warten, ... dann erklärte der Busfahrer, er wäre müde, später verstand keiner mehr Englisch. Dann hieß es, wir würden 50 Rs zurückbekommen und sollten einen Zug nehmen, der am Morgen ab Jodhpur fahren würde. Es wäre aber nur ein Viertel des Preises der Busfahrkarte gewesen und wir konnten auch nicht sicher sein, ob es diesen Zug wirklich gibt. Zwischendurch entwickelte sich eine hektische Diskussion mit umherstehenden Indern, die dann auch nicht wußten worum es ging, als man sie fragte. Wir blieben im Bus sitzen und das Personal verschwand. Nach den Geschichten über Holi war ich auch nicht begeistert in einer großen Stadt den Tag abzuwarten. Nach 2h Ungewißheit fuhr ein Bus mit anderen Touristen heran, die aus Udaipur kamen. Auch sie wurden schon 2h ohne genaue Auskünfte hingehalten. Wir wurden nun alle zusammen in einen Bus gesteckt und es ging tatsächlich weiter. Die Fahrt war ruhig und ging durch ländliche Gegend. Wir sahen keine aggressiven Holi-People. Nur an zwei harmlosen Barrikaden mußten wir vorbeifahren. Die bunt gefärbten Kinder räumten ihre Baumstämmchen aber relativ schnell und bereitwillig beiseite. Unterwegs erzählte Amir, daß ein Bekannter am letzten Tag einer Kamelsafari bei Jaisalmer sein Kamel an der Leine führte, da er vor Schmerzen nicht mehr reiten konnte. Ein Inder erzählte von einer 79-jährigen, die unterschreiben mußte, den dreitägigen Trip auf eigene Verantwortung zu machen. Sie meinte daraufhin, daß es ihr nichts ausmache hier zu sterben. Um so größer war das Hallo, als sie wieder ankam.

So kamen wir erst 12 Uhr mittags in Jaisalmer an, wurden außerhalb der Stadtmauern abgesetzt und suchten das nächste erreichbare Hotel auf. So begegneten wir nur ein paar Kindern, die Uwe mit abwaschbarer Farbe schmückten. Von unser Terrasse aus konnten wir in Sicherheit einige Holi-People beobachten, da das Hotel für sie verbotene Zone war. Sie waren meistens mit roter Farbe von Kopf bis Fuß bespritzt. Auch die heiligen Kühe kamen nicht um ihre Abreibung herum, nahmen es aber sehr gelassen. Vor unserem Fenster beobachteten wir, wie über einem Mopedfahrer ein ganzer Eimer Farbe entleert wurde. Noch Tage später sahen wir Männer mit gefärbten Hemden und Hosen. Das Spektakel beginnt jedes Jahr mit Sonnenaufgang, in der Nacht davor brennen an vielen Orten Feuer. Erst am Nachmittag öffnen wieder die Geschäfte, dann haben die Leute ihr Pulver verschossen. Vorher fürchten die Geschäftsbesitzer um ihre Läden. Auch wir wagten uns erst am späten Nachmittag auf die Straße. Überall verzierten Spuren der morgendlichen Schlacht das Pflaster, Häuserwände, Menschen und Tiere. Die Temperaturen waren drückend heiß. Und auch der Abend brachte keine wesentliche Abkühlung. Wir saßen auf dem Balkon und bewunderten die beleuchteten Festungsmauern.

Jaisalmer besitzt ein riesige Sandsteinfestung auf einem Berg, erbaut um 1156. Die massiven Mauern lassen die Festung sehr wehrhaft erscheinen. Ein Großteil der Bevölkerung lebt inmitten dieser Festungsstadt und läßt sie zu einem lebendigem Museum werden. Man wandelt durch enge Gassen vorbei an alten Häusern, deren Sandsteinfassaden filigran verziert sind. Der gelbe Sandstein taucht alles in ein weiches Licht.

Wir besichtigten einen Jaintempel mit kunstvollen Säulen. Auf den Bau ihrer Tempel legen die Jains großen Wert, da es eine Möglichkeit darstellt, ein gutes Karma zu erwerben. Es gibt 4,5 Mio. Jains in Indien. Der Jainismus entstand um 500 v. Chr. als Reformbewegung gegen die Dominanz von Priestern und das komplizierte Brahmanentum. Das Kastenwesen wird abgelehnt. In den Jaintempeln sieht man buddha-ähnliche Figuren. Sie stellen die Tirthankars, die Propheten der Jains, 24 an der Zahl, dar. Eine wesentliche Grundlage im religiösen Verhalten der Jains ist die strikte Vermeidung der Verletzung von Lebewesen. Sie sind strikte Vegetarier. Der Priester im Tempel trug ein Tuch vor dem Mund. Dieses soll davor schützen, versehentlich ein Insekt zu verschlucken.

Es war herrlich gemütlich durch die Stadt zu schlendern und die alten Fassaden zu bewundern. Das Geldwechseln erwies sich als etwas schwierig. Bei einem wohl halboffiziellen Büro hatte die Frau vor mir gerade Streit mit dem Wechsler wegen seiner horrenden Gebühr. Die erste Bank hatte gerade kein Geld. Die zweite Bank nahm aber zumindest Traveller-Schecks.

Fast jeder der nach Jaisalmer kommt unternimmt einen Kamelritt in die Wüste. Es gibt unzählige Tourenanbieter. Da es tagsüber so heiß wurde, daß es beschwerlich war durch die Stadt zu schlendern, beschlossen wir nur eine Sunset-Tour mitzumachen. Wir konnten uns nicht vorstellen, am Tage in der prallen Sonne auf einem Kamel durch die Wüste zu reiten. So fuhren wir erst eine Stunde mit einem Jeep in die Wüste hinein. Unterwegs besuchten wir nach einem Blick auf die Nekropole der örtlichen Maharadschas einen weiteren wunderschönen Jaintempel. Er hatte kunstvoll durchbrochene Wände, die im Inneren ein sanftes Licht erzeugten. Am Eingang stand ein 1000-jähriges Tor. An ein kleines Loch stellte man immer etwas Milch für die im Tempel wohnende Kobra. Wer sie zu Gesicht bekommt, hat Glück. Es war eine herrlich ruhige Atmosphäre in diesem Tempel.

Am Abend begann unser Kamelritt. Es war ein sehr eigenartiges Gefühl, sich auf diesem großen schwankenden Wüstenschiff fortzubewegen. Die Kamele kannten glücklicherweise ihren Weg, stiegen nur manchmal zu unserem Ärgernis quer durch ein Gestrüpp. Unser Ziel waren die Sanddünen dieser Gegend. Dort warteten wir auf den Sonnenuntergang. Manchmal hörten wir ein leises Klingeln. Die Rinder und Ziegen der Wüstenbewohner liefen auf der Suche nach Freßbarem frei durch die Wüste. Sie trugen kleine Glöckchen um den Hals. Nach Einbruch der Dunkelheit nahmen wir noch ein gemütliches Dinner am Lagerfeuer mit Chapatis, Auberginen, Gemüse und Reis ein. Die Kamele bekamen ihre Vorderbeine zusammengebunden. So konnten sie sich nicht weit vom Lager entfernen, waren aber trotzdem in der Lage, selbst nach Nahrung zu suchen. Als der Mond aufgegangen war und einige einzelne Sterne sichtbar wurden fuhren wir mit dem Jeep durch die angenehme kühle Nachtluft zurück zur Stadt.

Am nächsten Morgen spazierten wir wieder durch die bezaubernde Festung, bis die Mittagshitze uns zurück ins Hotel trieb. Gegen 17 Uhr fuhren wir zurück nach Ajmer. Da wir noch gut in der Zeit lagen, wollten wir Pushkar noch einen zweiten Besuch abstatten.
 
 

Pushkar 05.03.

Von der Busgesellschaft wurde es so eingefädelt, daß wir 3.40 in Ajmer ankamen und natürlich nicht am Busbahnhof aussteigen konnten, sondern an einer Straße, wo schon Taxi- und Rikschafahrer auf uns warteten. Nach harten Verhandlungen über den Preis fuhren wir mit einer Motorrikscha. An der Stelle, wo eine Straßenbenutzungsgebühr zu entrichten war, entbrannte noch ein Streit, wer sie nun zu bezahlen hatte. Aber letztendlich kamen wir in Pushkar an. Wir stiegen dann einfach aus. Wir hatten als Reiseziel die Bushaltestelle angegeben. Das wurde aber einfach ignoriert, weil der Fahrer uns in ein Hotel bringen wollte, wo er Provision kassieren würde. Sogar so früh am Morgen trafen wir einen Mann mit einem Fahrrad, der auf der Suche nach Touristen für sein Guesthouse war. Da wir den Preis herunterhandeln konnten gingen wir auch mit ihm und freuten uns auf ein Bett, um den Nachtschlaf nachzuholen. Wir schlenderten wieder um den See und durch die Gassen, ein Erholungstag. Eigentlich war unser nächstes Ziel der NP Rhantambore. Wir lasen im Reiseführer, daß dieser Park am Sonntag geschlossen hat. Das brachte unsere Pläne völlig durcheinander. Wir beschlossen kurzfristig, bereits am Abend nach Bharatpur zu fahren. An der Haltestelle checkten mehrere Leute unsere Tickets, aber keiner schien so richtig Bescheid zu wissen. Um 20.00 verließen wir Pushkar, beim Umsteigen und Umschichten in Ajmer gab es das übliche Durcheinander, und erreichten über Ajmer Bharatpur. Der Bus fuhr weiter Richtung Agra.
 
 

Bharatpur 06.03.-08.03.

Etwa 4.00 Uhr kamen wir an, es war kein Problem, um diese Zeit eine Fahrradrikscha zu finden. An der Kreuzung saßen so einige Leute. Nachdem wir einen Fahrer hatten, aßen wir noch etwas an einem Stand. Wir ließen uns dann zu einem Hotel direkt neben dem Nationalparkeingang bringen. Es gab noch ein paar Schwierigkeiten, weil der Rikschafahrer plötzlich 50 statt 15Rs haben wollte. Aber wir hatten ja noch Zeit. Da wir sowieso wach waren, wollten wir gleich 6.00 in den NP, um den Sonnenaufgang dort zu genießen. Wir liehen uns ein Fahrrad und konnten unabhängig von Möchtegernführern durch den herrlichen Park mit seinen vielen Wasserflächen radeln. Wir erlebten einen großartigen Sonnenaufgang. Der Park war zu dieser Zeit am schönsten. Wir sahen unzählige Störche, Reiher, Enten. Wir trafen drei Inderinnen. Sie boten uns etwas von ihrem Tee mit Milch und Ginger an. Eine erzählte uns, daß Rhantambore auch sehr schön wäre, sie den Tiger aber erst bei ihrer 14. Fahrt gesehen hatte. Wir hofften auf mehr Glück, da wir nicht soviel Zeit hatten, auf den Tiger zu warten. Auf einem abseits gelegenem Weg sahen wir einen Geierhorst mit zwei Vögeln. Der Keoladeo-NP ist ein sehr bekanntes Vogelschutzgebiet. Viele Wasservögel aus Sibirien und China verbringen hier den Winter. Diese Zugvögel verlassen zum großen Teil schon bis Februar diesen Park. Trotzdem waren noch unzählige Vögel zu sehen. Besonders schön waren die sehr scheuen Eisvögel mit ihrem schillernden Gefieder anzusehen.

Auch am nächsten Morgen fuhren wir wieder zum Sonnenaufgang in den Park. Uwe fühlte sich leider nicht so gut. Wahrscheinlich machte sich der fehlende Nachtschlaf und eine Erkältung bemerkbar. Am späten Nachmittag fuhren wir dann mit dem Bus nach Fatehpur Sikri. Im Bus redete ständig ein Mann in indischer Sprache auf Uwe ein. Fatehpur Sikri ist eine gut erhaltene Geisterstadt. Sie war nur 20 Jahre vom Kaiser Akbar bewohnt und war in dieser Zeit Hauptstadt des Mogulreiches. Akbar hatte keinen Sohn und pilgerte zum Scheich Salim Chishti in Sikri, der ihm 3 Söhne verhieß. Als dies Wirklichkeit wurde, ließ Akbar die Stadt errichten. Im Gelände der großen Moschee -Jama Masjid- befand sich Salims Grab. An die durchbrochenen Marmorwände sind hunderte Bändchen geknotet, weil das die Erfüllung von Wünschen verheißt. Viele indische Paare pilgern hierher und bekräftigen ihren Kinderwunsch mit einem Band an der Wand. Wahrscheinlich wünschen sie sich vor allem Söhne. Akbar hatte drei Ehefrauen, eine hinduistische, eine muslimische und eine christliche. Jede hatte ihren Palast und so findet man hier architektonische Elemente der verschiedenen Religionen kombiniert. Beeindruckend war ein fünfgeschossiges Säulenhaus, das den inoffiziellen Ehefrauen oder Haremsdamen gehörte. In den großen Torbögen der Moschee hingen große Bienennester herunter. Da man ja durch eine Moschee barfuß laufen muß, erforderte es größte Aufmerksamkeit. Am Boden lagen viele tote und halbtote Bienen. Als wir das Gelände verließen, stellten wir fest, daß der letzte Bus schon abgefahren war. Man sagte uns, wir sollten bis zur Hauptstraße nach Bharatpur laufen, wo noch Jeeps unterwegs wären. Wir liefen etwa 2 km, erst hielt keiner an, oder die Jeeps waren voll. Ich hatte schon ein ungutes Gefühl, weil Leute zu uns sagten, es würde nie jemand auf der Straße anhalten. Aber man wird ja so oft angelogen. Dann hielt endlich ein voller Jeep. Die Inder rutschten zusammen, sie waren das gewöhnt. So paßten auch wir mit etwas gutem Willen hinein. Wir sahen wie die Inder ihren Fahrpreis entrichteten und kamen so für einen reellen Preis zurück. Ein anderer Jeepfahrer hatte schon das Zehnfache von uns verlangt.
 
 

Rhantambore 08.03.

Am nächsten Morgen fuhren wir zum Bahnhof, wo es eine direkte Zugverbindung nach Sawai Madhopur gab. Die ruhige Lage vom Hotel Pelikan fünf Minuten vom NP entfernt mit einem netten Restaurant hatte uns sehr gut gefallen. Es war wieder sehr heiß an diesem Tag. Unsere erste Zugfahrt in Indien sollte eine "Abenteuerfahrt" werden. Auf dem kleinen Bahnhof stand alles nur in Hindi ausgeschildert. Uwe fragte viele Leute nach dem richtigen Bahnsteig, um aus den unterschiedlichen Auskünften die wahrscheinlich richtige auszuwählen. Wir trafen dann zu unserer Beruhigung einen Kanadier, der auch nach Sawai M. wollte und am selben Bahnsteig wartete. Es fuhren Personenzüge vorbei, wo die Menschen sogar auf den Dächern saßen. Dann kam unser Zug. Er war extrem überfüllt, die Eingänge waren schon verstopft. Es war ein Kraftakt mit Kraxe in den Zug zu klettern. Zum Glück bahnte der Kanadier vor mir einen Weg und Uwe schob mich von hinten in den Zug. Im Abteil konnte man nicht gerade stehen, ich hing halb auf meiner Kraxe, wobei ich immer fürchtete, daß diese auf eine zusammengekauerte dünne Frau kippen würde. Über uns auf den Pritschen und Gepäcknetzen saßen Menschen die ihre Füße genau neben unseren Köpfen hängen hatten. Zu allem Überfluß stiegen Händler über uns hinweg, um ihre Ware im Zug anzupreisen. Da kein Fleck am Boden frei war, stiegen sie über unsere Beine, Füße und das Gepäck. Die Hitze und die schlechte Luft führten bei mir zu einem Kreislaufkollaps. Umfallen konnte ich in diesem Zug allerdings nicht und sackte irgendwie zusammen. Dieser Zwischenfall hatte den Vorteil, daß mir ein Inder seinen Platz anbot. Ich konnte die weitere Fahrt nun viel angenehmer verbringen. Die Fahrt dauerte glücklicherweise weniger als 3h. In einem Hotel angekommen legte ich mich völlig erschöpft hin. Uwe stürzte sich in die Mittagshitze und holte Erkundigungen über die NP-Touren ein. Schon nach einer halben Stunde mußten wir losrennen, um noch am Abendtrip teilnehmen zu können. Am Office Project Tiger startete die Rundfahrt in einem offenem Lastwagen. Die Landschaft war sehr trocken und staubig, was vielleicht schon mit der beginnenden sehr heißen Jahreszeit zusammenhing. Wir sahen Rehwild (spotted deer), Affen, Sambas -eine Art Antilope mit großen Ohren-, Pfauen, Eulen und -welch Glück- einen Tiger. Die Tigerin lag faul im hohen Gras direkt am Weg. Dort standen auch gleich 5-6 Fahrzeuge. Auf dem Rückweg aus dem Park kamen wir wieder an dieser Stelle vorbei, der Tiger lag noch da, doch dann erhob er sich und lief er auf dem Fahrweg gemütlich von dannen. So konnten wir ihn noch in seiner ganzen Größe bewundern. Wir waren glücklich, daß wir dem Tiger gleich beim ersten Versuch begegneten. Ich war am Abend völlig ausgelaugt und fühlte mich krank. Ich versuchte zu schlafen. Uwe ging mit einem deutschen Arzt am Abend essen. Er lebte in Italien und war in Calcutta für die Organisation Ärzte für die dritte Welt tätig. Er war ein Fahrradfan und auf Tour durch Nordindien. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es Spaß macht, in Indien bei den herrschenden klimatischen Bedingungen und bei dem mörderisch lärmenden Verkehr Fahrrad zu fahren.
 
 

Agra 9.3.-11.3.

Auch am nächsten Tag litt ich an Durchfall und einem instabilen Kreislauf. Ich blieb den ganzen Tag im Bett. Uwe erledigte in der Hitze lauter organisatorische Dinge, wie Geld tauschen (dazu mußte er in einen 6 km entfernten Ort) und eine Platzkarte für den Zug nach Agra kaufen. Ohne Platzkarte mochte ich nicht mehr Zug fahren müssen. Trotz Platzkarten hatten wir im Zug dann ein Problem, weil es unsere Waggonnummer gar nicht gab. So hatten wir wieder keinen Platz. Aber in diesen Abteilen standen keine zusätzlichen Leute in den Gängen und wir brauchten keine Platzangst haben. Es waren sogenannten Sleeperwaggons, wo nachts jeder eine Pritsche hat. Ein junger Inder hatte Spaß daran, sich mit Uwe zu unterhalten und kümmerte sich um uns. Er überließ uns seinen Platz bis Agra, wo wir am späten Abend eintrafen. Bis dahin saß er bei seinen Freunden. In Agra mußten wir mit unserem Rikschafahrer erst einige Hotels abfahren, da zwei andere Unterkünfte, die wir aus dem Reiseführer ausgewählt hatten, schon voll belegt waren. Aber das Zimmer und der Preis waren noch akzeptabel. Von der Terrasse konnten wir auch schon einen Blick auf das Taj Mahal werfen.

Nach einem Waschtag und dem Besorgen von Zugfahrkarten gingen wir kurz vor 16.00 Uhr zum Taj Mahal. Später wird hier ein deutlich höherer Eintrittspreis (165Rs) verlangt, da der Sonnenaufgang und -untergang den schönsten Anblick bieten. Betritt man aber das Gelände vor 16.00 kann man für 15Rs bis zum Schluß im Gelände bleiben. So hatten wir viel Zeit und Ruhe, den Anblick auch zu genießen. Das Taj Mahal ist ein Grabmal für die Lieblingsfrau von Shah Jahan. Der Bau wurde 1653 nach 20 Jahren Bauzeit vollendet. Das Taj Mahal steht auf einem Marmorpodest umgeben von vier Minaretten, die keine Funktion haben. Der weiße Marmor ist durch filigrane Ornamente verziert. Alles ist in einer perfekten Symmetrie angeordnet. Die Gärten werden durch Wassergräben untergliedert, in denen sich das Taj Mahal widerspiegelt. Nur das Grab des Erbauers stört die durchdachte Symmetrie. Aurangzeb ließ die Urne von Shah Jahan neben Mumtaz Mahal beisetzen. Es wird erzählt, daß Shah Jahan ursprünglich für sein eigenes Grab ein herrliches Gegenstück aus schwarzem Marmor gegenüber dem Taj Mahal schaffen wollte. Er wurde aber von seinem Sohn entthront, bevor solche Pläne verwirklicht werden konnten.
 
 

Orcha 11.03.

Am nächsten Tag reisten wir nach Orcha. 9.30 Uhr nahmen wir den Zug und hatten tatsächlich zwei hervorragende Plätze der zweiten Klasse. 13.00 Uhr erreichten wir Jhansi. Nach den üblichen Diskussionen mit einem Schwarm Rikschafahrern nahmen wir eine Rikscha bis zur Busstation nach Orcha. Wir hatten gelesen, daß Orcha ein kleiner ruhiger Ort mit gut erhaltenen Palästen und Tempeln ist. Die Gebäude stammten aus Zeiten, als Orcha die Hauptstadt eines Königreiches war. Das Jehangir Mahal wurde Anfang des 17. Jh. für einen Besuch des Kaisers erbaut. Der Palast hatte eine beträchtliche Größe und bot durch seine erhabene Lage gute Ausblicke in die Landschaft und auf die Ortschaft. Wir konnten geruhsam durch die Anlage schlendern. Die leeren Gemäuer in ihrer erblaßten Schönheit ließen vergangene prunkvolle Zeiten nur erahnen. In einem umgebauten Flügel des Palastes befand sich das Hotel Shesh Mahal. Hier leisteten wir uns eine romantische Unterkunft. Das mit Teppich ausgelegte Zimmer hatte mit dem leicht modrigen Geruch allerdings den Charme einer alternden Schönheit, und bei Uwe löste es eine Hausstauballergie aus. Trotzdem genossen wir unseren Palastaufenthalt und speisten am Abend im Restaurant. Zusammen mit einer kleinen Reisegruppe waren wir die einzigsten Gäste auf dem Palastberg und es war wirklich angenehm ruhig.
 
 

Khajuraho 12.03.-15.03.

Ein Höhepunkt unserer Indienreise sollte auch der Besuch der Tempelstadt werden. Die Anfahrt nach Khajuraho war sehr beschwerlich. Mehrere Stunden fuhren wir mit dem Bus über kleine holprige zum Teil unasphaltierte Landstraßen. Wir kamen nur sehr langsam voran. Die Federung des Busses war so schlecht, daß ich bei jedem Huckel das Gefühl hatte, meine inneren Organe würden mit großer Wucht ans Zwerchfell prallen. Aus Angst um meine Zähne traute ich mir auch nicht während der Fahrt aus der Flasche zu trinken, obwohl die Luft im Bus sehr staubig war.

Drei Tage lang schlenderten durch die herrlichen Parkanlagen mit blühenden Sträuchern vorbei an den unzähligen Tempeln. Die Tempel entstanden zwischen 950 und 1050. Sie liegen auch heute noch weit ab von wichtigen Städten und Verbindungsstraßen. Khajuraho selbst ist eher ein Dorf und wahrscheinlich auch früher keine große Stadt gewesen. Bis heute ist nicht geklärt, wie so viele Arbeiter für den Bau der riesigen Tempelanlage zur Verfügung standen. Die abgelegene Lage bewahrte die einzigartigen Bauwerke aber vor Zerstörung. Sie wären sonst mit Sicherheit der Zerstörungswut der Muslime zum Opfer gefallen. Dieses Schicksal hatten sehr viele Tempel anderer Religionen im Indien vergangener Jahrhunderte. Die Tempel bestehen aus Sandstein. Viele von ihnen wurden restauriert und haben wieder die angenehme warme gelbliche Färbung des Sandsteins. Außen und Innen sind sie mit hunderten in Stein gehauenen Figuren verziert. Es müssen unzählige Meister der Steinmetzkunst an der Arbeit gewesen sein. Es sind Darstellungen von Göttern, Tieren, Tänzerinnen und Figuren in erotischen Posen zu entdecken. So konnten wir immer wieder durch den schönen Park wandeln und entdeckten immer neue Figuren. Abends wurden auf einer großen Freilichtbühne indische Tänze aufgeführt. Die indische Musik klang für unsere europäischen Ohren sehr gewöhnungsbedürftig. Die angestrahlten Tempel boten einen stimmungsvollen Hintergrund für das Tanzfestival.
 
 

Varanasi 15.03-17.03.

Mit dem Bus mußten wir erst nach Satna, einer größeren Stadt mit Bahnhof, fahren. Auch diese Busfahrt dauerte mit vielen Stops 5,5 Stunden. Um 22.30 Uhr ging unser Nachtzug nach Varanasi. Wir reisten gemeinsam mit zwei malaysischen Chinesen. Es war immer angenehm, wenn man sich mit anderen Touristen beraten konnte, welcher Bahnsteig oder welcher Zug der richtige sein könnte. Gemeinsam fanden wir auch ein nettes Restaurant mit akzeptablen Preisen, lange Zeit gefolgt von irgendwelchen Rikschafahrern. Auf dem Weg zu der abgewrackten Toilette mußte man durch den 'Küchentrakt'. Am besten man blickt stur gerade aus. Es süffte aus allen Ecken und der das Gemüse abwusch saß auf der Spüle und hatte auch seine nackten Füße mit oben. Bei der Bestellung rannte eine fette Ratte zwischen den Tischen herum. Aber was soll's, das Essen hat trotzdem geschmeckt.

Am nächsten Morgen 7.00 erreichten wir mit dem Zug Varanasi, die heilige Stadt am Ganges. Mit einer Rikscha gelangten wir in die Altstadt. Wir hatten allerdings mit dem Fahrer die üblichen Diskussionen, da er uns wieder in ein bestimmtes Hotel schleppen wollte, wo er Kommission erhalten würde. So liefen wir zu Fuß weiter bis zum Damaskus-Ghat. Hier am wichtigsten Ghat saßen viele Bettler auf den Stufen und hofften auf Gaben der Pilger. Auf dem Platz fand reges Markttreiben statt. An vielen Ständen gab es die unterschiedlichsten wichtigen und unwichtigen Dinge von Obst, Gemüse bis zu Souvenirs, wie wahrscheinlich an jedem Pilgerort der Welt. Diesmal mußten wir allerdings erst eine Weile suchen, bis wir ein Zimmer im Hotel Sita gefunden hatten. Am späten Nachmittag schlenderten wir über die Ghats: jede Menge Dreck, Müll und Bequatsche, Angebote bis hin zu Haschisch. Ghats nennt man die Stufen, die hinunter zu den Badestellen am heiligen Ganges führen. Hier lagen Alltag und Religion dicht beieinander. Händler waren allgegenwärtig und versuchten hartnäckig ihre Dienste oder Waren an den Touristen oder Pilger zu bringen. Der Dreck und Müll ließen uns Europäer an der Heiligkeit des Ortes zweifeln. Doch kommen tausende hinduistische Pilger in die heilige Stadt Shivas, um sich bei einem Bad im Ganges von den Sünden reinzuwaschen. An einem solchen Heiligtum waren natürlich auch viele Sadhus anzutreffen. Sadhus sind Menschen auf der Suche nach einer neuen geistigen Welt. Sie pilgern durch Indien und leben von Almosen. Man erkennt sie leicht. Sie tragen nur wenige Tücher am Leib und haben lange verflizte Haare und Bärte. Manche tragen einen Dreizack, wenn sie auf den Wegen Shivas wandern. In Varanasi zu sterben und die Asche dem Ganges zu übergeben, bedeuten für einen Hindu die Erlösung vom Zyklus der Wiedergeburten. Es gab auch zwei Ghats, an denen die Verbrennungen stattfanden. Die in bunte Tücher gehüllten Leichen wurden unmittelbar am Fluß auf einem großen Holzhaufen aufgebahrt und anschließend verbrannt. Mit Einbruch der Dunkelheit begann am Damaskus-Ghat eine rituelle Handlung. Die Zeremonie des Priesters wurde von intensiven Trommelklängen begleitet. Der Mutter Ganges wurden Speiseopfer und brennende Kerzen, die in kleinen Schalen auf dem Wasser schwammen, übergeben.

Am Morgen des nächsten Tages fuhren wir in einem Boot am Ufer entlang und konnten die Pilger bei ihren rituellen Waschungen beobachten. Es war sehr beeindruckend, wie bei Sonnenaufgang die Stadt und der Fluß mit seinen Badestellen lebendig wurden.
 
 

Amritsar 18.03.-20.03.

Nach einer Abschiedsbootsfahrt um 6.00 Uhr auf dem Ganges fuhren wir 7.30 Uhr auf den Bahnhof. Eine lange Zugfahrt von 26 Stunden zu unserem letzten Reiseziel in Indien stand uns bevor. Der Zug startete mit einer Stunde Verspätung um 9.45 Uhr. Ab Lucknow wurde der Zug sehr voll. Wir hatten aber reservierte Plätze. Es waren immer drei Pritschen übereinander angebracht. Tagsüber wurde die mittlere als Lehne heruntergeklappt und die untere diente dann als Bank. Dann konnten mehrere Passagiere Platz finden. Da wir auch eine obere Pritsche hatten, konnte ich mich dort gut vor den starrenden Blicken männlicher Inder verstecken. Mit einem Sikh hatten wir noch eine gute Diskussion. Er sagte, daß keiner länger als 52 Tage lebt (Indira Gandhi), der den Tempel zerstören läßt.

Wir waren froh, als wir endlich Amritsar erreichten. Wir hatten einen kurzen Ärger mit einem Rikschafahrer, der uns nicht zum gewünschten Hotel brachte - eigentlich nichts Neues. Das Hotel war direkt vorm Bahnhof, wir hatten es aber leider nicht entdeckt. Durch die Irreführung des Fahrers mußten wir am Ende unser Gepäck wieder zu Fuß durch die Straßen schleppen. Wir stiegen aus der Rikscha aus und liefen zurück Richtung Bahnhof und mußten uns noch die Proteste anhören, weil wir doch tatsächlich die Frechheit besaßen, für diese Irreführung nicht zahlen zu wollen. Am Nachmittag besuchten wir den Goldenen Tempel. Amritsar ist das religiöse Zentrum der Sikhs im Bundesstaat Punjab. Der Tempel wurde 1764 wieder aufgebaut und 1802 mit vergoldeten Kupferplatten versehen. Seither ist er als Goldener Tempel bekannt. Der Tempel ist von einem Teich umgeben, man gelangt über einen reich verzierten Damm zum Eingang. Der ganze Komplex ist von einer Mauer umgeben. Im inneren Bereich sind auch keine Verkaufsstände und Händler. Jedermann darf den Tempel besuchen. Wir ließen die Schuhe am Eingang und setzten eine Kopfbedeckung auf. Wir genossen die ruhige freundliche Atmosphäre im Tempelbezirk, abgeschirmt von Verkehrslärm und vom Treiben auf den Straßen. Der wunderschöne Tempel aus Marmor erstrahlte mit seinem goldenen Dach im Sonnenlicht. Aus dem Inneren des Tempels wurden die Lesungen der Priester aus den heiligen Schriften der Sikhs mit Lautsprechern nach draußen übertragen. Der Sprechgesang wurde von rhythmischer Musik begleitet und hatte eine entspannende Wirkung. Die Menschen wirkten alle sehr gelassen und freundlich. Die Sikhs sind gut erkennbar. Sie tragen ihr langes niemals geschnittenes Haar zu einem Knoten zusammengebunden oder unter einem Turban versteckt. Das Schneiden der Haare würde dem Körper Energie entziehen. Die Männer haben also auch alle Bärte und tragen einen Metallarmreifen. Einen solchen Reifen bekam ich von einem alten Sikh zum Geschenk. Die heiligen Schriften der Sikhs geben die Lehren der zehn Gurus wieder. Der letzte starb 1708. Sie glauben nur an einen einzigen Gott. Im öffentlichen Leben waren viel mehr Frauen anzutreffen. Wir sahen sogar eine Fahrkartenverkäuferin und eine Polizistin.
 
 

Neu-Delhi 21.03.

Die Zugfahrt nach Delhi war sehr angenehm, da es eine sehr gemischte Besetzung war (nicht nur starrende männliche Hindus). Es saßen viele Sikhs und auch Frauen im Abteil. Wir starteten früh um 6.30 Uhr und erreichten 14.00 den Bahnhof Neu-Delhi. Schlafen konnte man bei der Tagfahrt nicht, weil mindestens alle 20 Minuten ein Händler durchs Abteil schrie. Die vorhergehende nacht im Hotel von Amritsar war auch nicht sehr erholsam, da wir von sehr lauter Musik gestört wurden. Wir suchten uns ein Zimmer im Main Bazar, wo wir sogar duschen konnten. Am Abend schlenderten wir noch einmal durch die Gassen, kauften eine Trommel und aßen etwas. 23.00 Uhr ließen wir uns von einem Taxi zum Flughafen bringen. 3.45 Uhr stiegen wir dann wieder ins Flugzeug zurück nach Hause.